Moskau 2000

Für alle, die es noch nicht wissen: Wir (d.h. 4 Ossis und 3 Wessis in 2 Autos) haben uns am 25.12.1999 auf die Fähre von Lübeck nach Helsinki begeben, um von dort nach St.Petersburg (3 Tage Aufenthalt) weiter nach Moskau (4 Tage Aufenthalt und Milleniums-Feier auf dem Roten Platz) und dann nach Vilnius (Litauen, 2 Tage Aufenthalt) zu fahren. Von Klaipeda (Fährhafen in Litauen) ging's dann mit der Fähre zurück nach Sassnitz (auf Rügen), wo wir am 06.01.2000 wohlbehalten eingetroffen sind. Insgesamt haben wir mit unseren Autos fast 4.000 km zurückgelegt...

Im folgenden findet Ihr das Reisetagebuch von Petri. Meine Kommentare sind kursiv eingefügt, die Fotos können durch Anklicken vergrößert werden:

Tag 1 - 25. Dezember 1999  (Lübeck - Fähre nach Helsinki)

Abfahrt 8.45 Uhr nach Lübeck; es war gutes Reisewetter, in Lübeck ziemlich zugig, Treff mit Uwe, Uli & Schrödi, nach ca. 1½ Stunden Wartezeit Einchecken auf der Fähre. Trucker?!Die Fähre machte einen überwältigender Eindruck insbesondere wegen des Komforts. Nach einigen kleinen Bierchen erwartete uns ein fulminantes Abendbuffet, bei dem Petri nicht aus dem Staunen herauskam, wohin ihre Tischgenossen (alle) solche Massen an Speisen verdrückten. Der Magen wurde dann dank Spirituosen entlastet und man ging zum weiteren feucht-fröhlichen Teil des Abends über.

Nach mehreren Deckgängen und Bieren setzte sich der Seniorpart der Reisegruppe zum Schlafen ab, die Jugend mischte gemeinsam mit finnischen Truckern die Gemeinde auf. Gegen 2.00 Uhr torkelten unsere Sprösslinge lachenderweise in die Kajüte.

Tag 2 - 26. Dezember 1999  (auf der Fähre Lübeck - Helsinki)

Uns erwarteten ein ganzer Tag und eine weitere Nacht auf dem Schiff. Schwimmbad, Whirlpool, Theke, 4 Gänge am Buffet und eine Besichtigung der Brücke mit umfangreichen Erläuterungen durch den Kapitän ließen die Stunden nur so verfliegen. Kater-Erscheinungen der Jugend und Disziplin der Alten ließen alle rechtzeitig zu Bett gehen, da am nächsten Tag schon um 6.00 Uhr das Frühstück einzunehmen war.

Tag 3 - 27. Dezember 1999  (Helsinki - St.Petersburg)

Gegen 7.00 Landgang und 7.30 Uhr Abfahrt aus Helsinki Richtung St. Petersburg. Die Straßenverhältnisse waren der Jahreszeit entsprechend. Man tastete sich langsam an die Bedingungen heran, keine Probleme. Ankunft an der Grenze gegen 11.30 Uhr. Passieren der Grenze eine Stunde später. Der Grenzübertritt war für das Lagezentrum Ost (= Chrischi, Petri, Corinna und Bubi - die Ossies) erfreulich unkompliziert, das Lagezentrum West (Schrödi, Uli und Uwe - die Wessies) brachte allerdings einiges durcheinander (das lasse ich jetzt mal unkommentiert so stehen).

Ankunft in St. Petersburg gegen 16.30 Uhr Ortszeit. Einchecken im Hotel ohne Probleme. Die Zimmer ganz gut, jedoch der Preis zu hoch (gilt im Großen und Ganzen für alles auf dieser Reise). Wir verbrachten den ersten Abend in einem Hotelrestaurant mit russischer Küche, die allen gut mundete (was man bei den Preisen auch erwarten sollte). Danach erfolgte ein Ausflug auf die zugefrorene Ostsee (alle wurden Kinder), die Stürze auf dem Eis hatten keine bösen Folgen. Als Sahnehäubchen konnten wir den Tag in einer kleinen Strandkneipe bei Billard, angewärmten Rotwein für Glühweinnostalgiker und kaltem Bier mit Wodka beenden. Bettgang gegen 0.00 Uhr.

Tag 4 - 28. Dezember 1999   (St.Petersburg)

Nach dem Frühstück wurde erst einmal ein Plan gemacht, um für die zwei Tage St. Petersburg optimal viel zu sehen. Gilt nicht für unsFür den ersten Tag waren dies der Panzerkreuzer Aurora (Bubis Wunsch), die Peter und Paul Festung (Kathedrale leider zu), das Panorama am Newa-Ufer, das Denkmal Eherner Reiter, die Isaak-Kathedrale, der Schloßplatz mit Generalstab und Alexandersäule und die Blutskirche. Ein gutes Abendessen in einem Restaurant mit deutscher Küche (aber auch anderem) brachte unsere schmerzenden Füße wieder auf Normalgröße zurück. Schrödi und Uwe machten noch einen nächtlichen Ausflug auf die zugefrorene Ostsee - diesmal hatten die Stürze dann allerdings 2 Tage Kopfschmerzen zur Folge. Angekommen im Hotel statteten wir der Hotelbar im oberen Geschoss einen Besuch ab. Dort feierten wir dann auch in den Geburtstag von Uli hinein. Die Alten gingen dann gegen 1.00 Uhr ins Bett, die Jugend folgte irgendwann.

Tag 5 - 29. Dezember 1999   (St.Petersburg)

Nach dem Frühstück ging's zur Eremitage in den Winterpalast. Wie es das Glück so wollte, bot sich uns eine sachkundige Führerin in englischer Sprache an, durch welche wir in ca. 1 ½ Stunden einen guten Überblick über einen Teil der Kunstschätze und die Geschichte des Hauses bekamen. Am späten Nachmittag schloss sich ein umfangreicher Fußmarsch durch die Stadt an, in der Hoffnung auf ein typisch russisches Restaurant. Der erste Versuch ging schief, das Lagezentrum Ost kapitulierte (Warmduscher!) und setzt sich per Taxi in Richtung Hotel in Bewegung. Für das Lagezentrum West erfüllte sich der Traum nach russischer (genauer: georgischer) Küche doch noch. Schmidts aßen im Hotel im Reigen mit vielen Deutschen, allerdings war das Essen sehr gut und preiswert. Da es am nächsten Tag recht früh losgehen sollte, widmete man sich schnell Morpheus Armen.

Tag 6 - 30. Dezember 1999  (St.Petersburg - Moskau)

Nachdem gegen 7.00 Uhr das Frühstück eingenommen wurde, ging es auf die Autopiste Richtung Moskau. Straßenverhältnissen waren teils schwierig, aber der Jahreszeit angemessen. Es waren ca. 700 km zu bewältigen. Schrödi holte sich ein Knöllchen wegen Raserei (40 Rubel = DM 3,35 Strafe wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um 20 km/h). Ansonsten war die Begegnung mit der "GAI" (= russische Verkehrspolizei mit festen Kontrollpunkten im Abstand von 50 km auf allen Überlandstraßen; an den Kontrollpunkten ist Schrittgeschwindigkeit angesagt) harmlos und normal (für gelernte DDR-Bürger).

Gegen 21.30 erreichten wir das Hotel Rossia im Zentrum von Moskau. Was jetzt folgte ist schwer zu Papier zu bringen, da sofort das Blut in Wallung gerät. Petri und Uli sausten erst einmal vom West nach Ost in einem Hotel, dessen Gänge und Flure an ein Labyrinth erinnern. Nirgends wollte man uns haben. Die Lustlosigkeit und Unfähigkeit des Hotelpersonals hat Petri sehr schnell an alte Zeiten erinnert. Die Sprachbarriere kam hinzu. Letztendlich erhielt das Lagezentrum Ost nach 2 ½ Stunden Einchecken Zimmer mit Blick auf den Roten Platz, was uns all die Unbill vergessen ließ. Das Lagezentrum West bekam auch nach dieser Zeit die bestellten Zimmer (zwar billiger, aber ohne Blick auf den Roten Platz). Dass die anschließenden halben Liter in der Hotelbar dann 10,- DM kosteten erschien allen ziemlich normal. Um mehrere Erfahrungen reicher verbrachten wir dann die erste Nacht in Moskau.

Tag 7 - 31. Dezember 1999  (Moskau)

Ausschlafen... aber ordnungsgemäß gegen 10.00 Uhr zum Frühstück. Dieses war in Ordnung, wenn auch das Personal die wohl typische Rossia-Leidensmine aufgesetzt hatte. Das GUM in WeihnachtsprachtDas Lagezentrum West hat tatsächlich in dem Hotel einen freundlichen Menschen kennen gelernt, ihre Deschurnaja (= Etagenfrau - in jedem russische Hotel vorhanden und für Schlüsselausgabe und Betreuung der Gäste zuständig. Synonym für "Hausdrachen"). Der Rote Platz wird 'geschneepflügt'Petri hatte dann noch eine Überzahlung der Übernachtung an der Rezeption zu klären. 1 Stunde warten auf Klärung, ein Weinkrampf einer Angestellten, und die Erkenntnis, dass es wohl noch lange dauern kann, haben Schmidts veranlasst, am Nachmittag nach der Lösung des Problems Erkundigungen einzuziehen. Christian vergewaltigte seine Familie, mit Ihm tanken zu fahren. Nach ca. 2½ Stunden (dies scheint in Moskau eine feste Zeiteinheit für viele Angelegenheiten zu sein) waren wir dann wieder im Hotel. Überzahlung gab es bar zurück. Lagezentrum West hat sich unterdessen wie richtige Touristen verhalten und den Roten Platz erkundet.

Hat jemand mein Bier gesehen?Kinder!16.00 Uhr Abmarsch zu Max und Heide (deutsche Freunde von Chrischi und Petri, die in Moskau leben). Ein sehr schöner Abend folgte. Viel Diskussion, vor allem über den Rücktritt Jelzins, über die russische Mentalität im allgemeinen und in der jetzigen Phase im Besonderen. Es wurde gemeinsam gekocht, Salate vorbereitet und natürlich getafelt. Leider kam das anvisierte Restessen zwei Tage später nicht zustande, eine negative Erscheinung dieser Reise. Aber in Moskau gilt eben eine andere Zeitrechnung, für Ausländer sowieso.

@?%$§/#Na also, geht doch...Eine halbe Stunde vor dem Jahreswechsel waren wir auf dem Roten Platz. Kurz gesagt, es war nach Aussage aller an der Reise Beteiligter, der schönste Übergang in das Neue Jahr. Freundliche Menschen, Einfachheit, kein Kommerz, keine Buden, tolles Winterwetter, alles Schöne, was man sich für solch eine Nacht wünscht.

Neue FreundeDancing with LeninBei Petri knickten die Wodkabeine zuerst weg. Die wohl erzogene Tochter begleitete sie ins nahegelegene Hotel. (Dies ist die Kurzfassung folgender Story: Petri hatte ein dringendes Bedürfnis und stellte sich in der - auch in Russland vor Damentoiletten immer vorhandenen - Schlange an. Nach 1½ Stunden kam sie vollkommen mit Wodka abgefüllt und mit mehreren Russen unterm Arm wieder zurück. Auch in der Klo-Schlange war also gute Stimmung gewesen!)

Die Letzten schauten gegen 3.30 Uhr den Schneepflügen bei der Reinigung des Roten Platzes zu.

Tag 8 - 01. Januar 2000  (Moskau)

Neujahrsmorgen in MoskauAufstehen gegen Mittag, zum Ausnüchtern und auch als Highlight die Fahrt mit der Metro zur Lomonossow–Universität auf den Leninbergen. Der Anblick war sicher für alle begeisternd. Lomonossow-UniversitätAuf dem Rückweg dann noch Besichtigung zweier wirklich beeindruckender Metro-Stationen. Zurückgekehrt in das Gruselhotel, gab es eine positive Überraschung. Die von Petri vorgeschlagene kleine "Stallowaja" (= Etagen-Restaurant im Hotel) am Ende des Ganges erwies sich als preiswert mit guter russischer Küche. Also nach Abendbrot, wobei Uwe brav unsere Reste aufaß, und einigen Bieren, ging dieser Tag zu Ende.

Tag 9 - 02. Januar 2000  (Moskau)

Sch...wetter in MoskauRoter Platz, GUM, Einkaufszentrum und Kreml standen auf dem Plan. Auch der missglückte Treff bei Max und Heide. zugelaufener TschetscheneWir hatten mit dem deutschsprachigen Führer im Kreml Glück, denn er erklärte viel, was man sonst auch durch Anlesen nicht mitbekommt. Jedenfalls weiß jetzt jeder von uns, wie die Malereien in einer russischen Kirche zu interpretieren sind und dass Iwan der Schreckliche nicht umgebracht wurde. Zurück im Hotel dann das Drama infolge Nicht-, Über-, Unterorganisation und dem Gedanken des sehr frühen Aufstehens am nächsten Tag im Hinterkopf. Abendessen wieder in der kleinen Kneipe am Ende des Ganges. Frühes zu Bett gehen.

Tag 10- 03. Januar 2000  (Moskau - Minsk - Vilnius)

4.00 Uhr Aufstehen, 5.00 Uhr losfahren. Im Gegensatz zu St. Petersburg funktionierte Petri diesmal als Guide. Straßenverhältnisse zum großen Teil besser, als auf der vorherigen Fahrt, da breitere Straßen. Durch das wilde WeißrusslandTeilweise viel Schneefall, dort auch langsameres Vorwärtskommen. Summa Summarum 14 Stunden Reise, 2 Grenzübertritte, Erleben moderner Straßenräuberei in Weißrussland, was nicht nur Uli an den Rand eines Nervenzusammenbruches brachte. Die letzten 90 km vor der Litauischen Grenze waren wohl die spannendsten: hält uns die GAI nun an oder nicht. Verzweiflung machte sich breit, als man sich kurz nach einer GAI-Station verfuhr und zurück musste. Dass der Abzweig Richtung Vilnius dann vor dieser GAI lag, empfand man beinahe als ungerechtfertigtes Geschenk des Himmels.

Der Grenzübergang nach Vilnius ließ uns dann wieder vermeintlich westeuropäisch zivilisierte Luft schnuppern. Alles in allem 1 Stunde, wirklich prima. Die 30 km bis Vilnius dann sehr erleichtert und der Guide Petri funktioniert auch in Vilnius. Einchecken im Hotel unverschämt schnell, der erste Anruf von Savinius Katauskas (Savinius Katauskas und Nicoljie Kakauskene - litauische Freunde von Chrischi und Petri), ungläubiges Staunen beim Besichtigen der Hotelzimmer und die anschließende Einladung im Hause Katauskas zum Abendessen machten diesen Tag wohl für alle zu einem der entgegengesetzten Eindrücke.

Tag 11 - 04. Januar 2000  (Vilnius)

Wir waren nach dem Frühstück mit Nicoljie Kakauskene verabredet. Sie zeigte uns die Sehenswürdigkeiten der Stadt, die uns sehr beeindruckte. Vor allem der Schatz und die Geschichte um seine Entdeckung haben uns sehr beeindruckt. Es gab dann ein gemeinsames Essen in einem netten Restaurant und auch einige kleine Andenken wurden besorgt. Abends im Hotel noch ein kleiner Treff mit den beiden. Wir kommen wieder nach Vilnius! Dieser Abend wurde mit einem kleinen Besäufnis beendet.

Tag 12- 05. Januar 2000  (Vilnius - Klaipeda - Fähre nach Sassnitz)

Wir sind gegen 9.00 Uhr Richtung Klaipeda losgedüst. Gute Straßen, wenig Verkehr, keine GAI!!!! Gegen 12.00 Ankunft und tollkühne Fahrt zum Hafen. Viel Wind bei der ÜberfahrtVor dem Einchecken noch einen Kaffee und einen Imbiss, wo Chrischi seine überschüssige Kraft an einer Jalousie ausließ. Egal, die freie Sicht auf seinen Chrischan war wichtiger (auf diesen Namen hatte Chrischi seinen baby-rosa BMW 323i mit Sekt Wodka und ohne Pfarrer am Sylvestertag in Moskau getauft). Diesmal durften wir ca. 2 Stunden warten, bis man uns auf die Eisenbahnfähre ließ. Alle anderen Wagen hatten Vorrang. Der Komfort auf der Fähre war angemessen und normal. Das Schiff lag wie ein Brett trotz stärkerem Wind als auf der Herfahrt. Es gab gutes Abendbrot und genug Bier. Langsam machten sich bei den Beinahe-Rentnern die Anstrengungen der Reise bemerkbar, sie gingen gegen 20.00 Uhr ins Bett. Natürlich war das Lagezentrum West wieder bis zum Schluss an der Bar.

Tag 13 - 06. Januar 2000  (Fähre Klaipeda-Sassnitz - Berlin)

Auf Wiedersehen...Gut geschlafen, gut gefrühstückt, tolle Sicht bei der Einfahrt auf die Insel Rügen. Ankunft Mukran ca. 10.15 Uhr. Dann Abdüsen Richtung Berlin, wo wir gegen 15.00 Uhr eintrafen. Treff 18.00 Uhr im Sophieneck zum gemeinsamen Abendbrot und ersten Analyse der Reise.

Auf Wiedersehen, bis bald, wir freuen uns auf die Bilder und wir werden noch lange erzählen von Fähren, Russland, Grenzübergängen, Hotels, GAI's....., aber vor allem von dem Ereignis des Jahreswechsels auf dem Roten Platz, von den Menschen, die wohl überall Glück und Frieden wünschen und es dort so natürlich und frisch zum Ausdruck brachten.
Dem ist nichts hinzuzufügen!